Ambulante Atemwegsinfektionen: Wann eine Multiplex-PCR-Diagnostik den Unterschied macht
Mit Beginn der kälteren Jahreszeit stehen Hausarztpraxen erneut vor einer großen Herausforderung: Die Zahl der Patientinnen und Patienten mit akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE) nimmt sprunghaft zu. Das klinische Bild ist dabei oft unspezifisch und reicht von leichten Erkältungssymptomen bis zu schweren Verläufen. Insbesondere bei Patienten mit schwerer Symptomatik stellt sich die entscheidende Frage: Handelt es sich um einen viralen oder einen bakteriellen Infekt? Ist eine Antibiose notwendig oder wäre in seltenen Fällen sogar eine antivirale Therapie von Nutzen?
Moderne Diagnostik im Überblick: Was kann das „Respi-Panel“?
Eine präzise und schnelle Diagnostik ist der Schlüssel zu einer optimalen Behandlung. Hier bietet die Multiplex-PCR-Diagnostik, zusammengefasst in einem sogenannten „Respi-Panel“, eine entscheidende Hilfestellung. Mit dieser Methode können aus einer einzigen Probe (z. B. einem Nasen-Rachenabstrich) gleichzeitig die relevantesten viralen und bakteriellen Erreger von Atemwegsinfektionen nachgewiesen werden – hochsensitiv und spezifisch.
Das Panel deckt rund 95 % der typischen Verursacher ab, darunter:
| Viren | Bakterien |
SARS-CoV-2 Influenza A/B Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) Parainfluenzaviren Humane Metapneumoviren Adenoviren Rhinoviren | Mycoplasma pneumoniae Chlamydia pneumoniae Legionella pneumophila Bordetella pertussis Streptococcus pneumoniae Haemophilus influenzae |
Die drei entscheidenden Vorteile für die ambulante Versorgung
Während eine mikrobiologische Diagnostik nicht in jedem Fall einer leichten Erkältung sinnvoll ist, erweist sich die Multiplex-PCR bei schweren Krankheitsbildern oder zur gezielten Therapieplanung als äußerst wertvoll.
- Gezielte Antibiotika-Therapie: Durch den schnellen Nachweis oder Ausschluss bakterieller Erreger lässt sich die Indikation für ein Antibiotikum präzise stellen. Das unterstützt nicht nur die individuelle Patientengesundheit, sondern ist auch ein wichtiger Beitrag zum "Antibiotic Stewardship" und zur Vermeidung von Resistenzen.
- Rasche antivirale Therapie: Bei einem positiven Influenzabefund kann frühzeitig eine antivirale Therapie mit Neuraminidasehemmern eingeleitet werden, was den Krankheitsverlauf bei Risikopatienten positiv beeinflussen kann.
- Effektive Hygienemaßnahmen: Eine schnelle Identifizierung hochansteckender Erreger (wie Influenza oder SARS-CoV-2) ermöglicht umgehende und gezielte Hygienemaßnahmen zum Schutz des Praxispersonals und anderer Patienten.
Unerwartete Erreger-Wellen sicher erkennen
Die epidemiologische Lage ist dynamisch. So wurde beispielsweise in der zweiten Jahreshälfte 2024 ein unerwartet starker Anstieg an Infektionen durch Mycoplasma pneumoniae und im Herbst eine Zunahme von Chlamydia pneumoniae beobachtet. Solche Entwicklungen können durch die breite Abdeckung der Multiplex-PCR zuverlässig und frühzeitig detektiert werden.
Darüber hinaus ermöglicht das Panel den Nachweis von Bakterien, die kulturell nur schwer oder gar nicht anzüchtbar sind. Insbesondere der wiederholte Nachweis von Legionella pneumophila in der Multiplex-Diagnostik zeigt das Potenzial, auch kritische und meldepflichtige Infektionen zeitnah zu identifizieren und einer gezielten Therapie zuzuführen.
Wissenschaftlich belegt: Schneller, effizienter, besser
Obwohl die aktuelle Leitlinie zur ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) die Multiplex-Diagnostik noch nicht explizit empfiehlt, untermauert eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Studien ihren klinischen Nutzen. Eine umfassende Meta-Analyse im Journal of Infection (Clark et al., 2023) zeigte für den Einsatz von schnellen Multiplex-PCR-Tests im klinischen Setting beeindruckende Ergebnisse:
- Schnellere Ergebnisse: Die Zeit bis zum Vorliegen des Testergebnisses wurde um durchschnittlich 24 Stunden verkürzt.
- Kürzere Krankenhausaufenthalte: Die Liegedauer im Krankenhaus konnte um fast einen Tag (-0,82 Tage) reduziert werden.
- Optimierte Therapie: Bei Influenza-positiven Patienten führte die schnellere Diagnostik zu einem gezielteren Einsatz von antiviralen Medikamenten und zu verbesserten Hygienemaßnahmen.
Diese Daten belegen, dass eine schnelle und breite Diagnostik die Patientenversorgung signifikant verbessern kann.
Fazit für den Praxisalltag
Die Multiplex-PCR ist ein wertvolles diagnostisches Werkzeug, das insbesondere bei schwereren oder unklaren Atemwegsinfektionen eine schnelle und fundierte Therapieentscheidung ermöglicht. Sie hilft, den Einsatz von Antibiotika zu rationalisieren, antivirale Therapien rechtzeitig zu beginnen und Infektionsketten effektiv zu unterbrechen.
Für die Praxis ist zudem relevant: Das „Respi-Panel“ ist als Kassenleistung im EBM abrechenbar und nach der Ausnahmekennziffer 32006 vom Budget befreit, was den Einsatz im Praxisalltag erheblich erleichtert.
Referenzen
- Clark, T.W., Lindsley, K., Wigmosta, T.B. et al. (2023). Rapid multiplex PCR for respiratory viruses reduces time to result and improves clinical care: Results of a systematic review and meta-analysis. Journal of Infection, 86, 462-475. doi:10.1016/j.jinf.2023.03.005.
- Robert Koch-Institut (RKI). Wochenberichte zur ARE-Überwachung im Rahmen von GrippeWeb. Verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Themen/Forschung-und-Forschungsdaten/Sentinels-Surveillance-Panel/GrippeWeb/Aktueller-Wochenbericht/Wochenbericht_aktuell.html Zuletzt abgerufen am 07.10.2025
- Limbach Gruppe SE (2023). Respiratorische Erreger: Multiplex-PCR kompakt.
- Limbach Gruppe SE (2025). Multiplex-PCR zum Nachweis akuter respiratorischer Infektionen.